Bernd Kammermeier

Bernd Kammermeier                                    2013 fotografiert © by evelinFrerk.

Beiträge von Bernd Kammermeier - Auswahl

Der Evolutionsweg hat  19 Stationen, die Visualisierung  übernahm Bernd Kammermeier:
Die Entstehung der Erde (4600 Millionen Jahre oder 1122 Meter vor heute

  • Erste Spuren des Lebens (4100 Millionen Jahre oder 1000 Meter vor heute)
  • Erste Cyanobakterien (3500 Millionen Jahre oder 854 Meter vor heute)
  • Photosynthese (2500 Millionen Jahre oder 610 Meter vor heute)
  • Zellen mit Zellkern (Eukaryoten) (1300 Millionen Jahre oder 317 Meter vor heute)
  • Stütz- und Schutzskelette (560 Millionen Jahre oder 137 Meter vor heute)
  • Wirbeltiere (505 Millionen Jahre oder 123 Meter vor heute)
  • Landgang der Pflanzen (450 Millionen Jahre oder 110 Meter vor heute)
  • Kieferbildung der Wirbeltiere (420 Millionen Jahre oder 102 Meter vor heute)
  • Landgang der Wirbeltiere (375 Millionen Jahre oder 92 Meter vor heute)
  • Stützskelett der Pflanzen (350 Millionen Jahre oder 85 Meter vor heute)
  • Abbau von Pflanzenskeletten (290 Millionen Jahre oder 71 Meter vor heute)
  • Saurier (235 Millionen Jahre oder 57 Meter vor heute)
  • Entstehung der Säugetiere (200 Millionen Jahre oder 49 Meter vor heute)
  • Blütenpflanzen (130 Millionen Jahre oder 25 Meter vor heute)
  • Zeitalter der Säugetiere (65 Millionen Jahre oder 16 Meter vor heute)
  • Menschenartige (Hominiden) (18 Millionen Jahre oder 4 Meter vor heute)Menschen
  • (Hominine) (7 Millionen Jahre oder 1,6 Meter vor heute)
  • Moderne Menschen (Homo sapiens) (0,2 Millionen Jahre oder 0,05 Meter vor heute)

Evoluttionsweg

 

2019 Buskampagne 2:0 - "Geldhamster" - Idee, Design, Bau:  Bernd Kammermeier.

 

742 Kammermeier

742 Kammermeier

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

14.06.2013
Eine Rede: Bernd P. Kammermeier, 1. Vorsitzender der Säkularen Humanisten - gbs-Rheinmain e. V.,
spricht in der Christuskirche Oberursel anlässlich der "Süddeutschen  Jährlichen Konferenz der evangelisch-methodistischen Kirche Deutschland", die von Methodisten (400 Theologen) mit Beifall bedacht wurde. Thema/Anmoderation:

"Sehr verehrter Herr Hecker, sehr geehrte Damen und Herren,vielen Dank für Ihre freundliche Einladung zum heutigen Studiennachmittag „Was glaubst du?“ hier in der Christuskirche. Ich hoffe auf Ihr Interesse an meiner Sicht der Dinge als evolutionärer Humanist und Atheist. Nicht alles wird Ihnen gefallen, was ich zu sage habe. Doch glauben Sie mir: Alles basiert auf wohlwollenden Studien einer Wirklichkeit, die jedem zugänglichen ist. ......"
(vollständiger Text am Ende dieser Seite)

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V i t a
Bernd Kammermeier wurde in Frankfurt/Main geboren, wuchs in künstlerischem Elternhaus auf, wurde evangelisch erzogen, nie indoktriniert, hatte Glück im evangelischen Kindergarten, auch mit dem evangelischen Religionslehrer Pfarrer Steub – er denkt oft an dessen „Wurstkessel Abrahams“, aus dem wir stammen. Er hat die Konfirmation abgelehnt, weil er neben Weihnachten nicht noch eine Kommerzveranstaltung besuchen wollte.

Dabei glaubte er lange wie ein Gnostiker Gott zu spüren, war von einer übernatürlichen Welt überzeugt, bis er begriff, dass Gläubige aller Konfessionen sehr rückwärtsgewandte Weltbilder besitzen. Er wollte Naturwissenschaftler werden und dieses Rückschrittliche passte ihm überhaupt nicht. Er befasste sich mit Religionsgeschichte, schon während er visuelle Kommunikation in Offenbach studierte.

Als Filmproduzent und Künstler arbeitete er neben diversen Kinoproduktionen (u.a. „Die unendliche Geschichte, Teil 3“, „Moon 44“ und „Astro Saga“), Werbespots und Industriefilmen verschiedentlich für ZDF-Dokumentationen, in denen es auch um religiöse Themen ging, z.B. „Die Bibel-Rätsel“. Bernd Kammermeier: „Ich habe den regelrecht ahistorischen Einfluss theologischen Denkens bei der Arbeit an diesen Filmen gespürt. Und vor allem, wie unethisch in Alltagsfragen oft geurteilt wurde, wie gnadenlos kommerzielle Interessen über Menschlichkeit oder Barmherzigkeit gestellt wurden.“

2001 kam er mit den griechischen Philosophen in Kontakt, als er beauftragt wurde, den Eröffnungsbeitrag für die griechische Kulturolympiade zu schreiben und zu inszenieren. Im berühmten Athener Marmorstadion fand die Aufführung seiner Sokrates-Interpretation mit Musik von Andreas Vollenweider und Oscar-Preisträger Rod Steiger als Sokrates statt.

Gott wurde für Bernd Kammermeier immer unwahrscheinlicher, bis ihn nach dem Studium der alten Philosophen auch seine jahrelangen Studien der Religionen und ihrer Entstehung zu dem Punkt führten, an dem er überzeugt war, dass es Gott nicht nur nicht gibt, sondern dass es auch besser sei, dass er nie existiert hat.

Heute ist er bekehrter evolutionärer Humanist auf dem Wege zum selbst so bezeichneten „Nontheisten“, der die Kirchen als Gemeinschaftsraum nicht aufgeben möchte, allerdings ohne jeden dualistischen Gott, der nichts als Unfrieden und Stagnation in die Welt gebracht hat, seit Menschen ihn in guter Absicht aus ihren animistischen Geistern und Dämonen erfunden haben.

Bernd Kammermeier engagiert sich in der Giordano-Bruno-Stiftung gegen sinnlose Beschneidung, gegen den Gottesaberglauben, gegen religiöse Indoktrination (nicht zu verwechseln mit Aufklärung über Religionen) von Kindern bis zum 14. Lebensjahr und gegen Kirchenprivilegien, die zu unethischer Behandlung der Bürger führen können.

auch https://de.wikipedia.org/wiki/Bernd_Kammermeier

2013-05-22 |2020-11-09  | 2021-10 | 2021-12eF.


Rede von Bernd Kammermeier - kompletter Text

"Sehr verehrter Herr Hecker, sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre freundliche Einladung zum heutigen Studiennachmittag „Was glaubst du?“ hier in der Christuskirche. Ich hoffe auf Ihr Interesse an meiner Sicht der Dinge als evolutionärer Humanist und Atheist. Nicht alles wird Ihnen gefallen, was ich zu sage habe. Doch glauben Sie mir: Alles basiert auf wohlwollenden Studien einer Wirklichkeit, die jedem zugänglichen ist.

Wie Sie wissen ist das religiöse Spektrum weit gefächert – von fundamentalistisch-orthodox bis liberal-reformistisch. Trotzdem habe ich mit sämtlichen dieser Ausprägungen menschlichen Denkens ein generelles Problem. Das möchte ich Ihnen gerne erläutern.

Ich glaube an keinen Gott. Also denke ich, dass es im Universum mit rechten Dingen zugeht. Falls Sie Mitleid kriegen, kann ich Sie beruhigen: Das tut nicht weh! Aber vielleicht denken Sie, ich täte anderen weh, nach dem Motto: Bei Atheisten herrscht „Sodom und Gomorra“... Fragt mich jedoch ein Glaubender: „Haben Sie überhaupt ethische Werte, wenn Sie nicht glauben?“, entgegne ich frech: „Natürlich, meine sind angeboren wie die jedes Menschen. Aber wissen Sie überhaupt, wofür Ihre christlichen Werte stehen?“

Für mich persönlich ermöglichen kulturell entwickelte Werte ein tolerantes Miteinander, die Freiheit aller zu respektieren – auch deren Freiheit zu glauben, was immer sie glauben wollen – sowie Leben, Welt und Vergangenheit zu achten. Allerdings: Es gibt auch Werte, die aus anderen Quellen schöpfen, als evolutionärer Menschlichkeit: Nämlich aus Dogmen und Traditionen.

Auch hier zunächst überhaupt kein Problem, denn Wissen basiert auf dem Fortschritt vergangener Generationen. Schlimm finde ich nur, wenn Traditionen beharrlich dem Prüfstand der Vernunft entzogen, wenn stattdessen vormoderne Lebensentwürfe noch im 21. Jahrhundert 1:1 übernommen werden. Ja, wenn schon deren Hinterfragen respektlos oder gar beleidigend sein soll.

Mehr noch: Abrahamitische Religionen schufen erst die Probleme, gegen die sie gottgefällige Hilfe in einer dogmatisierten Hierarchie anbieten. So befremdlich dies auf mich persönlich wirkt - unsere rechtsstaatlich garantierte Freiheit zu glauben, deckt das alles ab. Doch oft werden diese Dogmen bedenkenlos an Kinder weitergegeben. Und genau das stört mich, denn es bringt sie vom angeborenen, altruistischen Weg ab. Natur und Kultur hatten ursprünglich Besseres mit ihnen vor.

Ist also Glaube als Vorbild für ein wertvolles Leben schädlich?

Nun, schauen wir zurück zum Beginn der Religion: Unsere Vorfahren fragten sich in der Steinzeit voller Angst, wie Welt, Sinn und Schicksal ihrer Existenz zu erklären sei. Empirische Wissenschaft gab es nicht und so entstanden verunsichernde, transzendente Horrormythen, an unzähligen Lagerfeuern intensiviert und miteinander verknüpft. Diese Ängste führten zu metaphysischen Überlegungen:

Kein Faustkeil entstand von selbst, Kleidung musste genäht, das Tier dafür erlegt werden. Also wird auch alles andere irgendwie von jemandem erschaffen worden sein – die Logik animistischer Schamanen, die ihre Psyche in Sonne, Wellen, Wolken, Feuer, Tiere oder Bäume projizierten. Für sie bestand die undurchschaubare Natur aus Geistern, die Sippen beschützten, aber auch aus Dämonen, die sie bedrohten.

Vor 8.000 Jahren wurden wir sesshaft, erfanden Ackerbau und Viehzucht. Dies brauchte mehr Arbeitseinsatz, aber auch wirksamere Gesetze, das neue Eigentum zu sichern. Auch Frauen und Sklaven wurden nun dazu gezählt. So sehr mich dies als aufgeklärten Menschen abstößt: Das war ein wichtiger Schritt auf dem steinigen Weg zur Zivilisation.

Erwischte man jedoch Gesetzesbrecher, wurden sie aus der Gemeinschaft verstoßen oder direkt getötet. Zur Überwachung einsamer Gegenden bedurfte es natürlich unsichtbarer Kontrolleure, die Paranoia Vorschub leisteten: die Geister der Schamanen!

Für gewaltigere Strafen und jenseitige Belohnungen für größeren Arbeitseinsatz erfanden Priester aus diesen Tiergeistern viele menschenähnliche Chimären: Die Götter des Polytheismus - unangreifbar, unsterblich und sehr menschlich.

Irgendwann gab es zu viele Götter mit zu vielen Priestern. So erhob Echnaton in Ägypten Aton versuchsweise zum einzigen Gott. Die Anbetung alter Götzen bestrafte der Pharao mit dem Tode. Zeugen dieses frühen Eingottglaubens zur Eindämmung des Priesterunwesens waren Vorfahren der Israeliten.

Sie sehen, die Karriere Gottes begann vielfältig mit fehlinterpretierten Naturerscheinungen, monetärem Interesse und schwarzer Pädagogik. Eine ungesunde, wie unvermeidbare Mischung.

Dies wäre sicher eine Anekdote geblieben, denn griechische Philosophen begannen kurze Zeit später, stattdessen eine moderne Gesellschaft auf naturwissenschaftlich-philosophischer Basis zu errichten.

Doch aus einem einst verheirateten, unbedeutenden Berggott der arabischen Halbinsel wurde ab 600 v. Chr. im Exil der Juden der unstete Jahwe gedichtet - ganz nach dem Bilde der Israeliten. Umgeben mit mächtigen Götterbildern Babylons, inmitten einer vielfältigen Schriftkultur, rief der Prophet Hesekiel jedoch zur Mäßigung auf. Die Rabbiner übernahmen taktisch klug viele Göttersagen ihrer Entführer. Sie schrieben die transzendente Entstehung der Welt und des Menschen, sowie seine Aufgabe als Diener ihres nunmehr einzigen Gottes im Patriarchat fest.

Den Wahrheitsgehalt dieser Bibel durfte niemand anzweifeln - mit absurden Folgen für künftige Forschung. Doch dieser Spagat zwischen Bibel und anerkannter Wirklichkeit, das wissen Sie selbst, vergrößert sich von Jahr zu Jahr.

Auf gleicher Grundlage grenzte man Homosexuelle, Frauen, Andersgläubige, aufmüpfige Jugendliche, Unbeschnittene, Geschiedene, Unkeusche – ja, sogar Reisigsammler am Sabbat aus. Ihnen allen drohte der Tod, weil irgendeine Textstelle ihr Tun als gotteslästerlich beschrieb. Selbst das Leben Gläubiger wurde eingeengt mit Speise- und Bekleidungsgeboten, Opfergaben und Gebetsriten. Damals zu glauben und den daraus abgeleiteten Werten zu folgen war ein reiner Überlebensinstinkt. Ständig drohte ein völlig willkürlich agierender Gott, beziehungsweise die gnadenlosen Strafen seiner selbsternannten irdischen Vertreter.

Der Gottessohn, Messias, Prophet, Plagiierter oder Aufrührer Jesus, ganz wie Sie wollen, änderte als Anhänger einer Weltuntergangssekte nichts daran. Seine überwiegend intoleranten, christlichen Interpreten und der Islam verschärften sogar die unmenschliche Seite der Religion. Aber wie das? Ganz einfach: Jeder bastelte sich aus der Ursprungsidee Echnatons seine eigene Variante. Nun gab es neben weltweit hunderttausend sonstigen Göttern einen einzigen nahöstlichen Gott fatalerweise noch zweimal – und einmal davon sogar dreimal.

Jede Gemeinde bestand künftig auf strikter Anerkennung ihrer eigenen Wahrheit, die sie als „Werte“ verkaufte. Wer sich dagegen aussprach, wurde Feind und es begann wegen skrupelloser Missionierung ein ewiger Religionskrieg auf unzähligen Schlachtfeldern mit vielen Millionen Toten. Wie tragisch: Nun wurden die alten Horrormythen, die Angst vor Vernichtung durch Geister, doch noch Realität. Ausgerechnet beim Versuch ihrer Beschwichtigung, denn die Glaubensverfechter selbst agierten wie rachsüchtige Dämonen. Sogar im Frieden wurden dualistische Religionen mit ihrer systemischen Intoleranz zum Spaltkeil der Gesellschaft.

Und wie ist es heute?
Aufgeklärte Denker mussten gegen erbitterte Widerstände der Kirche eine Ethik erkämpfen, die in Menschenrechte und rechtsstaatliche Systeme, wie der Demokratie, mündeten. Alte, bronzezeitliche Götterstrafen wurden abgeschafft und durch ein von Staatsbürgern kontrolliertes System, das sicher Fehler macht, ersetzt. Doch das Schicksal eines Menschen vom willkürlichen Urteil eines erfundenen Gottes abhängig zu machen, ist sicher um vieles fehlerhafter. Außerdem erkannte die Wissenschaft, dass heute als christlich gepriesene Werte angeboren sind, weil sie auch in nichtchristlichen und naturreligiösen Zivilisationen als Norm verankert erscheinen. Altruismus und Empathie haben sich faktisch evolutionär und kulturell gebildet. Für das globalisierte 21. Jahrhundert bietet Religion ohnehin keine Antworten.

Aus diesen Gründen lehne ich jedes Gottesbild und seine dualistischen Werte ab. Ich vertraue ausschließlich meinen angeborenen Instinkten sowie humanistischer Erkenntnis, um anständig zu leben, und eben nicht den Irrtümern der Vergangenheit, die, wie Albert Einstein über sein Judentum schrieb, einem lächerlichen Aberglauben entstammen.

Bleibt also etwas Positives vom System „Kirche“?

Sicher! Es ist die selbstlos füreinander sorgende Gemeinschaft, wenn sie sich monistisch versteht, aber auch der Ort der Stille in einer Kirche, Anteilahme, Andacht und Besinnung. Aber brauche ich dafür wirklich ein Gottesbild oder den Glauben daran? Ich sage entschieden: NEIN! Mehr noch:

Wenn der biblische Gott nur, den ich einen Moment lang ernstnehmen will, wenn dieser Gott nur endlich,

der die Menschheit ertränkte und ganze Städte vernichtete – mit allen Neugeborenen und gerade im Mutterleib Gezeugten, also gewiss Unschuldigen gemäß moderner Rechtsprechung und Ethik!

Wenn dieses „Ärgernis“ endlich,
das uns alle zu geborenen Sündern erklärt,

das nie Sklaverei und Prostitution in der Kirche unterband,
das den Bau prachtvoller Gotteshäuser mit Blutgeld nicht aufhielt,
das wie ein Sklavenhalter einseitige Vertragsbedingungen für den Bund mit ihm diktierte,
das trotzdem nicht half, als sein Bündnisvolk in deutschen Gaskammern ermordet wurde – obwohl es sich brav durch all die Jahrhunderte die Vorhaut abschnitt,
das Gläubige blind macht dem Leiden rituell beschnittener Kinder gegenüber,
das heilige Kriege und Selbstmordattentate in seinem Namen nicht stoppt,
das Priestern keinen Einhalt gebietet, die sich an Kindern vergehen oder Demonstranten gegen Homophobie lynchen wollen,
das den dritten Weg seines irdischen Bodenpersonals nicht umleitet, ja,

dem gegenüber man laut heutiger deutscher Landesverfassungen noch in Furcht erzogen werden soll - wenn dieses Gottesbild samt seiner bluttriefenden Schrift nur endlich aus Kirchen, Schulen und Kinderzimmern entfernt würde, weil beide uninspirierte, unethische Überbleibsel einer brutalen Zeit sind, dann besteht aus meiner Sicht sogar die Chance auf Erneuerung der Kirche und ihrer Werte.

Dann wird aus Gottesdienst Menschendienst, dann hängt Barmherzigkeit nicht an Konfessionen, dann können geschiedene Männer und Frauen, sowie Menschen aller sexueller Ausprägungen, die sich ethisch verhalten, in der Kirche Gemeinschaft finden, auch Ruhe und Kraft, die unser oft hektischer Alltag von uns fordert.

Und plötzlich, als ich diesen Wandel vollzogen hatte, erkannte ich, dass es nirgends im Universum eine Ewigkeit gibt. Auch kein Jenseits, das mit Zuckerbrot und Peitsche lockt oder schockt. Mit Zuckerbrot einer angeblichen Liebe durch Gott und der Peitsche der Hölle. Ich weiß, dass ich keine Gottesmarionette bin, dass ich mir nie wieder die Leviten lesen lasse und ernsthaft hoffe, dass uns bald keine Religion mehr mit veralteten Lebensmodellen behelligen wird. Für den aufrechten Gang braucht niemand ein hölzernes Kreuz, sondern nur jenes, das uns die Natur geschenkt hat.

Mein Leben begann auf einem unbedeutenden Planeten und endet dort. Weder für Seelenheil noch Werte brauche ich einen jungfräulich Geborenen, Auferstandenen oder im Himmel Thronenden. Das sind nur schöne Märchen eines geistigen Fossils. Mein Wunsch ist es, dieses wunderbare Staubkorn ein wenig besser zu hinterlassen, als ich es als Teil einer vitalen Evolution betrat. Wenn jeder das lebte, entstünde auf Erden genau dieses Paradies, das sich Gläubige im Jenseits erhoffen: Ein Ort, an dem alles erlaubt ist, wenn mündige Bürger evolutionär- humanistischen Werten folgen – selbstverständlich ohne Anleitung eines Gottesbildes, egal, wie barmherzig oder lieb es in Form tendenziöser Rosinenpickerei interpretiert werden mag. Gerade diese vermeintlich harmlose Darbietung des Glaubens mag jene Weichfilterreligiösen darüber hinwegtäuschen, welche Sprengkraft apodiktische Religionen in ihrem Kern bergen.

Wenn ich Gutes tu, dann auf Basis humanistisch entwickelter Kultur und aus durch Evolution entstandener, sozialer Vernunft, die meine liebevollen Eltern festigten. Moralisch sein wegen selbstverschuldeter Unmündigkeit, aus Angst vor einem willkürlichen Gott, so lehrt uns Immanuel Kant, ist unmoralisch.

Nun genieße ich als Atheist die Last einer Verantwortung der Welt und ihren schutzbedürftigen Kindern gegenüber. Ich delegiere sie nicht auf eine höhere Macht. Diese Pflicht eines jeden humanistischen Menschen wird federleicht in einer wachsenden Gesellschaft aus Freunden, die nach und nach aufwachen. Dafür engagiere ich mich in der Giordano Bruno Stiftung, die für globalen Wandel von religiöser Überheblichkeit zum einfachen Mensch-Sein eintritt – für einen weltweiten Frühling. Nur so haben wir die Chance zu moderner Ethik, gelebter Freiheit, monistischem Frieden und Integration, weil keine Religion uns trennt, und gottesbildbefreiten Werten, die Wandel unterworfen sind. Wer dies lebt, braucht im Grunde keine Gesetze, um anständig zu handeln. Er wird zum Beispiel freiwillig auf Beschneidung seiner Kinder verzichten, so wie ich auf den Trost eines Gottesbildes verzichten kann, an dem die Theodizee verzweifelt. Ich wünsche uns eine klare wissenschaftliche Weltsicht, mit freier Kunst und Philosophie - ohne naive Legenden, die sich unsere Ahnen in guter Absicht am Lagerfeuer zuraunten. So sage ich allen Menschen ein herzliches Willkommen im 21. Jahrhundert!

Zum Schluss will ich Erich Kästner zu Wort kommen lassen. Er zeigt uns humorvoll, dass der Weg zu einer gottesbildbefreiten Kirche nicht nur von Menschen längst beschritten wurde:

'Es hilft kein Zorn, es hilft kein Spott, es hilft kein Weinen, hilft kein Beten.
Die Nachricht stimmt: Der liebe Gott ist aus der Kirche ausgetreten.'

Vielen Dank!"
© 2013 by Bernd P. Kammermeier