Adrian Gillmann

Adrian Gillmann

... Humanismus als revolutionäres Sowohl-als-auch

Selbstdefinition

Agnostisch, humanistisch-laizistisch, sozial und demokratisch

Entscheidende Erfahrungen

Politische Erfahrungen seit dem 17. Lebensjahr, philosophische Lektüre und menschliche Begegnungen,

Elitär

Religionsfreiheit und wertephilosophisch vermittelte Ethik sind genauso vermittelbare Positionen wie religionsbezogene Ethiken oder Begründungsmuster. Allerdings bedarf es ihrer Vermittlung in Schule, Politik Justiz und Wissenschaft deutlicher Vorbilder und auch Institutionen, welche mit anderen Wert- und Weltanschauungen konstruktive Debatten führen. Ein kritisch-humanistisches Netzwerk aus Politik, Wissenschaft, Ehrenamt und nicht zuletzt auch Wirtschaft und Kunst wäre wünschenswert.

Religiöse Zwänge

Religiöse Zwängen nicht, aber der Beobachtung von zwanghaftem, religiösem Verhalten sowie gezwungenen sozialen Situationen, die durch religiöse Legitimation und Berufung auf Tradition ihrer eigenen Freiheit entbehrten.

 

Konkrete Eigenerfahrungen mit Religiosität

Niedrigschwellige katholische Sozialisation in der Jugend, Versuch einer sekundären katholischen Sozialisation als Annahme eines Symbolsystems. Grundsätzliche Widersprüchlichkeit entfachte in mir die Frage: Sind Religionen nicht auch nur Menschen?

Glaubensfreie Alternativen

Alternativen zu religiöser Orientierung sind für mich existenzielle Ethiken, über den Alltag hinausreichende Gestaltungsaufgaben, die Einbindung in politische Ideen sowie für meine Freunde als kritischer Unterstützer da zu sein.

Freiheit, eigene Wünsche und Gedanken zu leben

Lust und Pflicht sind metaphorisch gesprochen wie Apoll und Dionysos oder eher psychologischer - wie Lust und Frust. Beide lassen den jeweiligen Gegenüber erst attraktiv erscheinen. Wichtig erscheint mir das eine Prinzip nicht mit dem anderen zu verwechseln oder sie als austauschbar zu betrachten. Frustverringerung ist eine Sisyphusaufgabe, aber gerade deshalb jederzeit mit Lust erneut anzugehen.

 

Zusammenhang zwischen Humanismus und Aufklärung

Der Frage nach der Henne und dem Ei möchte ich aus dem Weg gehen, ob nun erst Humanismus und Renaissance die Aufklärung oder erst die Aufklärung den rechtlich-politischen Humanismus auf den Weg gebracht hat. Für mich können beide Perspektiven einer menschlichen Freiheit sein, wenn ihre Schattenseiten mit thematisiert werden. Aufklärung ohne Humanismus ist meiner Ansicht nach grausam, Humanismus ohne Aufklärung jedoch verblendet. Beide entfalten ein kritisches Potenzial,

Praktischer Humanismus

Erfahrungen sind meiner Meinung nach nicht kommunizierbar, ebenfalls erscheint es genauso müßig wie vergeblich, andere Menschen von der eigenen Lebenshaltung im Allgemeinen überzeugen wollen. Im Einzelnen jedoch ist es wichtig, überzeugendes Verhalten an den Tag zu legen, dies bei Bedarf für geistige Reflexion begründen zu können und zudem in seinen sozialen Beziehungen beides zu leben zu versuchen. Vermittelt ein praktischer Humanismus solche Verhältnisse, wird er schnell zu einem Teil konstruktiver Lebenspraxis.

Selbstbestimmtes Leben und selbstbestimmtes Sterben

Der je eigene Tod ist eine vereinzelte Erfahrung. Sichtbar wird vor allem der Tod durch den Tod des Anderen. Die Verfügungsgewalt über das eigene Leben sollte als Menschenrecht, als je eigenes, unverfügbares Recht angesehen werden, entbehrt aber niemals der Verantwortung für den Anderen. Wie dessen Tod für mich, wird mein Tod für ihn bedeutsam. Jeder hat das Recht selbstbestimmt zu Sterben, aber er wird die Fremdbestimmung nie ganz los und muss die Verantwortung für dieses Handeln im Tode ebenso übernehmen (können), wie im Leben.

Was schadet der Gesellschaft aktuell am meisten

Probleme werden nicht in ihrer tragischen Tragweite betrachtet, sondern  es werden immer schnelle Lösungen und Patentrezepte verlangt,  anstatt einander mehr zuzuhören. Von einer pluralen, freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft weg ist es zumeist nur ein Schritt, doch hin zu ihr sind es Meilen. Konflikt- aber auch gegensätzliche Interessensparteien sollten mehr aufeinander zugehen.

 

Stille bzw. unbekannte Humanisten

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Humanismus und Spiritualität

Humanistische Weltanschauungen sollten nicht versuchen religiöse, Sinnstiftung in allen Facetten zu kopieren und deshalb nicht eine eigene Spiritualität forcieren. Hier kann Humanismus schnell seine Differenz zu einem traditionellen religiösen Symbolsystem und damit sein selbsterklärtes, universales Verständnis verlieren. Orte des Handelns oder Aushandelns großer Humanistinnen und Humanisten, die klaren Bezüge zu einem historischen wie zeitlichen Geschehen, können zu Stätten des Ge- wie Bedenkens werden. Erklären statt Verklären und du spirituelle Erfahrung desselben liegt beim Einzelnen.

Zukunft und Wünsche

Die Zukunft des Humanismus sehe ich mindestens als eine dreifache:
 

  1. Das Selbstverständnis eines ersatzreligiösen Symbolsystems wird dominant und der Humanismus wird als antireligiöser-idealistischer Streiter seinen eigenen kritisch-aufklärerischen Zielen untreu. Die Ideologie, als Schwester der Philosophie, siegt aufgrund eines falsch verstandenen Bedarfes an Sinn- wie Orientierungsstiftung.
  2. Ein westlich-abendländischer Humanismus wird zu einem konstruktiv-kritischen Entweder-Oder in Konkurrenz zu religiösen Symbolsystemen, indem er Alternativen hinsichtlich der Weltdeutung und Lebensführung aufzeigt. Grundsätzliche und universale menschliche Dispositionen auf der Basis eines wissenschaftlichen Weltbildes werden zu einem starken Angebot gegenüber traditionellen und exklusiven Formen.
  3. Humanismus entwickelt sein Potenzial des Sowohl-als-auch, indem er ein kritisch-humanistisches Welt- wie Menschenbild in seinen Möglichkeitsbedingungen entwirft, dieses als begründ- wie lebbar vor Augen führt und die religionsbezogenen Traditionen oder Weltbilder ergänzt. Damit sind diese mit einem Weltbezug des "Anderen“ konfrontiert, der sie weder ersetzen noch ihren diskreditieren möchte, aber ihnen ihren Platz zuweist, in dem Kosmos der Symbolsysteme, der mindestens so viel Ausfaltungen besitzt, wie es Menschen gibt. Die Aufhebung seiner eigenen Exklusivität ohne Verlust der legitimen Gültigkeit wäre die Aufhebung der Exklusivität der Anderen und damit ein humanistisch-revolutionäres Potenzial.

Die Verwirklichung eines Humanismus als revolutionäres ‚Sowohl-als-auch‘ wäre für mich ein schönes wie wünschenswertes Ideal.

Antworten © Adrian Gillmann
„Epikurs Garten” - „Who is Hu” - Gesichter gegenwärtiger Humanisten © Evelin Frerk (638)

Epikurs Garten - Adrian Gillmann