Dr. Gabriele Förster

Dr. Gabriele Förster

... selber Denken macht Spaß ...

Selbstdefinition

Meine Weltanschauung lässt sich schwer in einem Begriff abbilden. Zum einen sehe ich mich als Naturalistin, da ich davon überzeugt bin, dass alle Phänomene sich aus der Natur heraus - ohne Bezug auf eine wie auch immer geartete Transzendenz - erklären lassen. Daraus ergibt sich auch, dass ich Atheistin bin, denn ich glaube nicht an einen Gott oder überhaupt eine Form der Transzendenz. Vom Standpunkt des kritischen Denkens betrachtet bin ich Agnostikerin, denn ich erkenne an, dass es Dinge gibt, für die der Mensch (zurzeit noch) keine Erklärung hat. Und was meine Wertevorstellungen angeht, so denke ich, dass sich das Handeln des Menschen am Wohlergehen seiner Mitmenschen und am Schutz der natürlichen Lebensbedingungen orientieren sollte. So betrachtet bin ich wohl auch Humanistin.

Entscheidende Erfahrungen

 Dass Religion in meinem Leben keine Rolle spielt, war mir schon als junger Mensch klar. Mit 18 bin ich aus der Kirche ausgetreten. Vor einigen Jahren begann ich dann, mich politisch zu engagieren und auf einmal spielte Religion doch wieder eine Rolle: Als mir nämlich klar wurde, dass es die viel beschworene Trennung von Staat und Kirche in Deutschland in Wirklichkeit gar nicht gibt.
Als besonders einschneidend habe ich den Papstbesucht im Herbst 2011 erlebt.
Die kritiklose Haltung der allermeisten Politiker – auch in der Partei, für die ich mich engagierte  - hat mich beworben, dort auszutreten. Seitdem bin ich Mitglied im internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) und dort im hessischen Landesvorstand und beim Gottlosenstammtisch aktiv.

Elitär

Religiöse Indoktrination macht es vielen Menschen schwer, selbständig zu denken. Religion hat den Vorteil, Antworten zu geben, deren Wahrheitsgehalt nicht nachprüfbar ist - Nachfragen sind dabei nicht erwünscht. Das macht religiöse Systeme für viele Menschen zu einem  Bezugspunkt besonders in Wertefragen. Verglichen damit kann skeptisches Denken Angst machen, denn es erzeugt Unsicherheit und die Notwendigkeit, auf Basis eigener Erkenntnisse Entscheidungen zu treffen. Ich bin aber überzeugt, dass sich in jedem Menschen die Lust am selbständigen Denken wecken lässt. Doch dafür müssen wir vor allem aufhören, Kinder religiös zu indoktrinieren und sie stattdessen ermuntern, Dinge in Frage zu stellen und die Antworten kritisch abzuwägen. 

Religiöse Zwänge

Glücklicherweise war ich bislang keinen religiösen Zwängen unterworfen. Allerdings ärgert es mich doch sehr, wenn Atheisten von religiöser Seite unterstellt wird, sie hätten keine Werte und Moralvorstellungen. Meine Erfahrungen und die Begegnungen mit anderen nichtreligiösen Menschen zeigen das Gegenteil.

Konkrete Eigenerfahrungen mit Religiosität

Ich habe mich eine Zeit lang mit Buddhismus beschäftigt, weil ich das Gefühl hatte, dort weniger doktrinäre Lehren vorzufinden. Aber letztendlich hatte ich das Gefühl, dass es sich gerade bei meditativen Erfahrungen als Basis religiöser Anschauungen in hohem Maße um eine Art Selbsthypnose handelt.

Glaubensfreie Alternativen

Ich lebe zwar keine Rituale, erlebe aber mehr und mehr eine Art "ehrfürchtiges" Staunen angesichts der Natur. Die Faszination über das, was die Evolution und der menschliche Geist hervorgebracht haben, wächst bei mir mit dem Wissen um die dahinterstehenden Mechanismen. Dass ein Regenbogen weniger Zauber haben soll, wenn ich weiß, wie er physikalisch zu Stande kommt, kann ich nicht nachvollziehen, für mich gilt das Gegenteil: Zu wissen, wie er entsteht, macht ihn umso faszinierender für mich.

Freiheit, eigene Wünsche und Gedanken zu leben

Natürlich ist es nicht immer einfach, zu seinen Überzeugungen zu stehen. Aber wenn ich sehe, wie es nichtreligiösen Menschen in vielen anderen Ländern geht, wie sie bedroht werden, ihres Lebens nicht sicher sind, dann wird mir klar, in welch priveligierter Situation wir uns hier befinden. Und letztendlich ist es auch sehr erfüllend, sich für seine Überzeugungen einzusetzen. Beim Frankfurter Gottlosen-Stammtisch und im IBKA habe ich viele spannende und großartige Menschen Kennen gelernt, die ich nicht mehr missen möchte.

Zusammenhang zwischen Humanismus und Aufklärung

Aufklärung, Toleranz, Menschenrechte, Humanismus - das gehört für mich untrennbar zusammen. Erst der konsequente Bezug auf das Diesseits rückt die Vernunft und damit den Menschen in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Aus der Möglichkeit des kritischen Denkens erwächst auch die persönliche Verantwortung - für mich selbst wie für meine Mitmenschen.

Praktischer Humanismus

Leider finde ich es zunehmend schwierig, mit religiösen Menschen auf einer sachlichen Ebene zu diskutieren. Zu oft wird Kritik an der Religion als persönliche Kritik empfunden und immer öfter lautet die Formel "Kritik an der Religion = Blasphemie". Dennoch halte ich mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg. Ich möchte jedoch keinesfalls missionieren, sondern zum Nachdenken anregen. Jeder soll selbst entscheiden, was er glaubt - oder eben nicht.

Selbstbestimmtes Leben und selbstbestimmtes Sterben

Selbstbestimmt zu sterben ist ein elementares Recht eines jeden Menschen. Sich anzumaßen, andere Menschen zum Leben zu zwingen, weil das Leben ja "heilig" sei, ist menschenverachtend. Das setzt jedoch voraus, dass man sich mit dem Tod auseinandergesetzt hat und das ist nicht unbedingt einfach.

Was schadet der Gesellschaft aktuell am meisten

Am meisten schadet der Gesellschaft meiner Meinung nach die Überzeugung einzelner Gruppen, eine vermeintlich endgültige Wahrheit erkannt zu haben. Wer unfähig ist, sich selbst in Zweifel zu stellen, wird zwangsläufig intolerant. Wo das endet, das können wir momentan überall sehen, wo Religiöse das Wort führen. Etwas als Blasphemie zu bezeichnen ist das Ende kritischen, freien Denkens und genau das braucht unsere Gesellschaft mehr denn je. Diejenigen, die heute Toleranz für Religion einfordern, sind auch diejenigen, die Andersdenkenden gegenüber am wenigsten tolerant sind. Sonderrechte für Religionen sind der falsche Weg, denn Ausnahmen von universellen Grundlagen wie den Menschenrechte, unterhöhlen am Ende die gemeinsame Basis, die wir so dringend brauchen.

Stille bzw. unbekannte Humanisten

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Humanismus und Spiritualität

Ich persönlich brauche keine speziellen Orte der Spiritualität. Für mich ist die Natur selbst ein solcher Ort. Dort tritt die Faszination des Lebens zu Tage - wenn man sich nur die Zeit nimmt, genau hinzuschauen. Eines der für mich spirituellsten Erlebenisse - wenn man das so nennen will - war eine totale Sonnenfinsternis. Im Moment der Totalität wird auf einmal konkret erlebbar, was wir sonst nur theoretisch wissen: dass die Erde ein Himmelskörper ist, ein kleiner Planet im großen Universum.

Zukunft und Wünsche

Ich wünsche mir, dass mehr und mehr Menschen erkennen, dass in der Freiheit von Religion nicht das Ende der Moral lauert, sondern die wunderbare Möglichkeit, den Menschen so zu akzeptieren, wie er ist.

Antworten © Dr. Gabriele Förster
„Epikurs Garten” - „Who is Hu” - Gesichter gegenwärtiger Humanisten © Evelin Frerk (661)

Epikurs Garten - Dr. Gabriele Förster