Matthias Fiegl

Matthias Fiegl

... mich von überflüssigen sowie Leid verursachenden Vorstellungen zu trennen

Selbstdefinition

Der radikal nüchterne Blick scheint mir am geeignetsten, um die Welt zu begreifen. Ausgangspunkt dieses Erkenntnisstrebens ist immer der Mensch, dessen Existenz materiell gebunden ist. Nur davon kann ich ausgehen - wohl wissend, dass wir als Menschen bisher nicht alle Fragen beantworten können.

Das, wofür wir - bis jetzt! - keine Erklärung haben, sollte man so stehen lassen. Eine finale allmächtige Erklärungstheorie, oftmals als Ursprungs- und Schöpfungsgeschichte formuliert, ist und bleibt fragwürdig und ist vor dem Hintergrund allen heute zur Verfügung stehenden Wissens nicht plausibel.

Freiheit stellt für mich den höchsten menschlichen Wert dar, der grundlegend für alle anderen Werte ist. Frei denken zu können, danach sollten wir streben.

Entscheidende Erfahrungen

Soweit meine Erinnerung zurück reicht, habe ich mich mit den  wesentlichen Fragen beschäftigt. Ich denke, das geht jedem Kind so. Wie ist das mit dem Weltall und der Unendlichkeit? Auch mir blieb nicht erspart, mir ein Bild von Gott zu machen. Der liebe Gott, so habe ich seinerzeit gelernt, sieht Alles und wacht über mein Leben und das der anderen Menschen.

Schließlich war ich immer ein idealistisch orientierter junger Mensch, auf der Suche nach der Lösung der großen Menschheitsfragen. Auf diesem in meiner Jugend beginnenden Weg der Erkenntnissuche, während der ich auch einige Jahre spirituell ambitionierten Gruppen zugeneigt war, blieb jedoch immer ein mehr oder weniger großer Rest Skepsis übrig, der mir bis heute nie abhandengekommen ist. Es sind viele einzelne Ereignisse und Umstände, die schließlich dazu führten, dass ich die Suche nach der absoluten Erkenntnis - oder Erleuchtung - aufgegeben habe. Faszinierend und zugleich erschreckend bleibt für mich festzustellen, wie stark die Kraft ist, die den menschlichen Wunschdenken und -fantasien innewohnt.

Elitär

Die Frage nach dem elitären Charakter tendiert dazu, relevante Fragen hinsichtlich des Menschen und seines Weltbezugs in ein Verhältnis zu einer vermeintlichen Mehrheitsmeinung zu setzen. Die Mehrheit verhält sich gegenüber ethischen Fragen eher gleichgültig, solange Alles eingermaßen rund läuft. Umso mehr sollte man auf dem nach wie vor von religiösen Gruppen dominierten 'Meinungsmarkt' eine rationale Ethik klar und selbstbewußt vertreten.

Religiöse Zwänge

Religiöse Zwänge im familiären Bereich kannte ich nicht. Ich nahm und nehme aber die gesellschaftlichen Zwänge, die durch religiöses Denken verursacht sind, in vielen Verästelungen wahr. Das prägte schließlich auch meine Sozialisation. Der einzig mögliche Umgang damit scheint mir die Aufklärung im eigentlichen Sinne zu sein; und zwar zunächst meine eigene in Form der permanenten Selbstbeobachtung und Selbstbefragung und dann der Austausch mit den Menschen, die dem Leben mit der gleichen Offenheit und Neugier begegnen wie ich es versuche.  Schließlich gibt es ausreichend geeignete Bücher, die ein besseres Verständnis für die  Welt und den Menschen befördern.

Konkrete Eigenerfahrungen mit Religiosität

Das abendländische Gottesbild wirkte auf mich, vermutlich wegen seiner anschaulichen Bildsprache, immer eher naiv und daher nicht überzeugend. In meinen Zwangigern fand ich die alternativen sprituellen Strömungen bezwingender, weil sie ein abstrakteres Bild von Göttlichkeit anboten. Ich habe mich einige Jahren in den Kreisen von sogenannten sprituellen Meistern bewegt, und dabei viel über Psychologie gelernt. Ich habe unter anderem erfahren, wie stark der Wunsch, das etwas so oder so sein sollte, die Wahrnehmung eines Einzelnen oder einer Gruppe dominieren kann.

Glaubensfreie Alternativen

Mein 'ethischer Lebenslauf' ist eigentlich vom Aussortieren geprägt. Ich bin nach wie vor damit beschäftigt, mich von überflüssigen sowie Leid verursachenden Vorstellungen zu trennen.

Rituale, die mit weltanschaulichen Dingen zu tun haben, brauche ich nicht. Ich bin aber täglich in meinem Bad - das gibt mir auch so ein Gefühl von Reinheit.

Freiheit, eigene Wünsche und Gedanken zu leben

 Die große Frage nach der Lebenskunst kann ich nur so beantworten, dass ich die Balance zwischen Lust und Pflicht immer wieder neu kreiere,  mit mal mehr und mal weniger Erfolg. Das macht für mich aber das Menschsein aus. Nach einem Paradies oder nach Erlösung (keine Pflichten und unendliche Lust?) sehne ich mich nicht.

Zusammenhang zwischen Humanismus und Aufklärung

Mit dem Humanismus habe ich mich nicht ausreichend auseinander gesetzt, und weiß daher nicht, was das eigentlich ist.

Mich interessiert aber, wieviel Werte oder Regeln überhaupt notwendig sind. Was also ist das Minimum an Verbindlichkeiten, die wir untereinander für ein friedliches Leben mit maximaler Entfaltung eines jeden Einzelnen benötigen? 

Praktischer Humanismus

Da Weltanschauungen die konkreten Lebensbedingungen in den jeweiligen Gesellschaften gestalten, bleibt doch gar nichts Anderes übrig als für Freiheit und Menschrechte einzutreten. Es ist in meinem ureigensten - egoistischen - Interesse, dass ich für die Lebensumstände sorge, in denen es mir und den Mitmenschen gut geht.

Praktisch bedeutet dies, dass ich meine Ansichten gegenüber den Menschen äußere, die einigermaßen empfänglich dafür sind. Auch finde ich es mittlerweile wenig fruchtbar, sich gleichsam reaktiv an den  zahlreichen religiösen Ideen und Meinungen und ihren Themen wie z.B. Sünde oder Ewiges Leben usw. abzuarbeiten, als vielmehr den eigenen klaren Standpunkt in der Welt aktiv zu vertreten.

Selbstbestimmtes Leben und selbstbestimmtes Sterben

Selbstbestimmung ist stark von den inneren und äußeren Freiheitsräumen, die einem zur Verfügung stehen, abhängig. Selbstbestimmtes Sterben ist für mich in der Praxis daher schwierig zu definieren. Die Frage, wie frei jemand ist, um eine Entscheidung für den Freitod zu treffen, sollte meines Erachtens wegen der Unumkehrbarkeit sehr umsichtig behandelt werden.

Was schadet der Gesellschaft aktuell am meisten

Mein Mißtrauen gilt grundsätzlich jedem, der behauptet, die Wahrheit gefunden zu haben.

Stille bzw. unbekannte Humanisten

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Humanismus und Spiritualität

Es sollten mehr Orte des Gedenkens wie zum Beispiel das Giordano-Bruno-Denkmal am Potsdamer Platz geben, um  die Ideale eines diesseitigen kritischen Denkens und Lebens auch im öffentlichen Raum präsenter zu machen.

Bei dem Begriff Spiritualität werde ich mittlerweile sehr hellhörig, weil darunter gerne irrationales Wunschdenken geparkt wird, das man in religiösen Begriffen nicht mehr unterbringen möchte - für  mich jedoch nur eine andere Spielart, menschliche Erfahrungen durch geeignete Interpretation ins Übermenschliche oder Göttliche zu überhöhen.

Orte der Stille, die der Besinnung und/oder dem Nachsinnen dienen, könnten leider leicht wieder Reflexe der Überhöhung auslösen.

Zukunft und Wünsche

Mein Wunsch für die Zukunft ist, dass sich möglichst viele Menschen auf das Naheliegende einlassen - und nicht Lösungen für Fragen suchen,  die für unserer Leben nicht relevant sind.

 

Antworten © Matthias Fiegl
„Epikurs Garten” - „Who is Hu” - Gesichter gegenwärtiger Humanisten © Evelin Frerk (622)

Epikurs Garten - Matthias Fiegl