Beka Kobaidze

Beka Kobaidze         Fotografie©evelinFrerk.

Beka Kobaidze, Generalsekretär der Partei der Humanisten, hauptberuflich Organisationsberater in der IT-Branche
 
„Wir sind neugierige Forscher und Pioniere, Weltverbesserer und Gestalter der unaufhaltsamen Veränderung“
– aus dem Leitbild der Partei der Humanisten.

Ich wurde 1985 in Georgien geboren. Ich erlebte eine gebildete, aber konservative Gesellschaft, die einerseits durch den Kommunismus der Sowjetunion und andererseits durch den rückwärtsgewandten Aberglauben der christlich-orthodoxen Staatskirche geprägt war. Ich habe alles geglaubt und alles machte mir Angst.
Ich erlebte aber auch einen Vater, der bereit war, sein Leben für seine Rechte und Überzeugungen zu riskieren. Trotz aller Herausforderungen und Schwierigkeiten hatte ich so die Chance, in Freiheit und Wohlstand aufzuwachsen. Ich war noch einige Jahre religiös, aber ich entdeckte bald Philosophie und Wissenschaft. Das war jedoch nicht genug.
Irgendwann musste ich anerkennen, dass ignorante Toleranz für ein friedliches Zusammenleben nicht ausreicht. Die Welt wird beherrscht von irrationalen Ideologien. Auch in Deutschland ist die Politik geprägt von religiösem Fundamentalismus, esoterischen Wunschvorstellungen und gefährlicher Fortschrittsfeindlichkeit.
Wer nur jammert, hat verloren. Deshalb bringe ich meine Fähigkeiten, meine Energie und meine Leidenschaft in eine Partei ein, die Humanismus und Humanisten endlich in der Politik vertreten wird."
 
Berlin, 2015.03-18/2015-03-30eF.
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Beka Kobaidze Antworten auf Fragen zur Weltanschauung - Epikurs Garten
 
1. Selbstdefinition
Wenn ich meine Weltanschauung bezeichnen soll, fühle ich mich irgendwie immer in eine Schublade gesteckt. Ich würde das gerne vermeiden, aber ich habe entschieden, meine Weltanschauung als „Humanismus“ zu bezeichnen, um einen Standpunkt als Gegengewicht zu allen irrationalen Ideologien zu vertreten.

2. Entscheidende Erfahrungen
In gewisser Weise war ich schon Humanist, bevor ich es wusste. Das wird vielen Humanisten so gehen. Nachdem ich Atheist wurde haben mich Religionen (im Gegensatz zu Politik) nicht besonders interessiert. Es waren vor allem „Wir sind Papst!“ (Bild-Schlagzeile zur Ernennung von Josef Ratzinger als Papst) und „Der Gotteswahn“ (von Richard Dawkins), die mich dazu veranlassten, den negativen Einfluss von Religionen auf unsere Gesellschaft zu überdenken und mit einer positiven Weltanschauung dagegen zu wirken.

3. Elitär
Denken Sie, dass Glaubensfreiheit und wertphilosophisch begründete Ethik elitär ist oder auch breite Bevölkerungsschichten erreichen kann? Welche kooperativen Strukturen wären nützlich, um mehr Menschen mit dem humanistischen Gedankengut zu erreichen.
Es ist eine Frage der richtigen Kommunikation und des Selbstverständnisses von Experten bzw. Fachleuten, die es zu selten als notwendig erachten, ihr Wissen auch Fachfremden zu vermitteln.

4. Religiöse Zwänge
Ich bin in einem streng religiösen Land aufgewachsen (Georgien hat die georgisch-orthodoxe Kirche de facto als Staatskirche) und war als Kind diversen Zwängen unterworfen, denen ich mich eher ängstlich unterworfen habe. Heute lehne ich alle Zwänge ab und scheue den Konflikt nicht. Ich lebe aber auch in einem Land, wo ich deshalb keine Todesstrafen befürchten muss.

5. Konkrete Eigenerfahrungen mit Religiosität
Wie zuvor erwähnt, wurde ich christlich erzogen. Dabei legten meine Eltern vergleichsweise wenig Wert auf strenge Religiosität. Viel einprägsamer waren die Erfahrungen mit anderen religiösen Menschen. Ich denke da an meine Grundschul-Lehrerin, die uns regelmäßig mit dem jüngsten Gericht für unsere Sünden drohte. Ich habe damals alles wörtlich geglaubt und hatte schlaflose Nächte. Später sammelte ich Erfahrung mit Jehovas Zeugen, die als „irre Sekte“ gelten, aber am Ende des Tages nicht anders sind als streng gläubige Katholiken.

6. Glaubensfreie Alternativen
Nein, darin sehe ich für mich keinen Sinn.

7. Freiheit, eigene Wünsche und Gedanken zu leben:
Ja, insgesamt kann ich das bestätigen. Ich fühle mich vor allem dem Vertrauen meiner Mitmenschen verpflichtet, was ebenfalls Freude erzeugen kann und nicht im Widerspruch zu Lust stehen muss.

8. Zusammenhang zwischen Humanismus und Aufklärung
Der Humanismus fordert Menschen auf, nicht blind Autoritäten oder Dogmen zu folgen. Dafür ist es erforderlich, dass Menschen sich ihres eigenen Verstandes bedienen. Humanismus beinhaltet notwendigerweise die Ideen der Aufklärung.

9. Praktischer Humanismus
Halten Sie es für sinnvoll und möglich, anderen Menschen Ihre Weltanschauung nahe zu bringen? Wenn ja: wie?
Ich spreche niemanden ungefragt darauf an, welche Weltanschauung ich vertrete, so wie ich das auch von „Anhängern“ anderer Weltanschauungen erwarte. Wenn jemand Interesse zeigt, fragt oder es sich aus dem Gespräch ergibt, ist es ganz natürlich und sinnvoll, die eigene Weltanschauung zu erläutern.

10. Selbstbestimmtes Leben und selbstbestimmtes Sterben
Es sind die letzten Fronten der Kirchen, über Geburt und Tod, insbesondere alles davor bzw. danach, zu bestimmen. Da ist ihre Fixierung auf Sex, Verhütung, PID, Schwangerschaftsabbrüche und auf der anderen Seite das selbstbestimmte Sterben oder die Belohnungen und Strafen nach dem Tod. Nur meine Eltern haben mir mein Leben geschenkt. Geschenke verpflichten nicht. So wie ich selbstbestimmt lebe, will ich auch selbstbestimmt sterben können – und auch danach nicht mit dem ewigen Paradies belästigt werden.

11. Was schadet der Gesellschaft aktuell am meisten
Es sind vor allem Menschen, die sich selbst oder das Leben und Wohlergehen ihrer Mitmenschen irrationalen Ideologien unterordnen.

12. Stille bzw. unbekannte Humanisten
Die gibt es sicher. Ich möchte aber nicht darüber spekulieren, wer das (gewesen) sein könnte.

13. Humanismus und Spiritualität:
Wahrscheinlich braucht jeder Mensch Orte und Aktivitäten, um sich zu entspannen, um über Dinge nachzudenken oder den Horizont zu erweitern. Wir haben alle unterschiedliche Methoden dafür. Manche gehen wandern, andere hören Musik, andere meditieren. Ich würde das allerdings nicht Spiritualität nennen, da es mit irgendwelche immateriellen Vorgängen assoziiert wird.

14. Zukunft und Wünsche
Vor allem hoffe ich, dass der Humanismus nicht mehr als alternative Weltanschauung einer Minderheit wahrgenommen wird. Ich hoffe, dass die wesentliche Werte des Humanismus, wie Freiheit und Selbstbestimmung, zum selbstverständlichen Bestandteil unserer Kultur werden.
Copyright Antworten by Beka Kobaidze
Copyright Fragen by Evelin Ferk.
Veröffentlichung nur nach vorheriger Anfrage.
Die Genehmigung muß schriftlich erteilt werden.
Berlin, 2015-03-30. eF.