Rainer Buchheim
Rainer Buchheim
... Humanismus und Spititualität? - Wer einen solchen Ort benötigt, wird ihn finden.
- Selbstdefinition
Ich möchte sie naturalistischen Humanismus nennen. Im Mittelpunkt steht für mich das Wohl des Menschen als Teil der Natur.
- Entscheidende Erfahrungen
Natürlich spielen auch bei mir die Einflüsse in der Jugend eine ganz erhebliche Rolle. Von meinem Besuch der Erweiterten Oberschule in der DDR an war ich durchaus überzeugt vom damals verordneten dialektischen und historischen Materialismus nach Marx, Engels und Lenin. Später schlichen sich dann schon Zweifel ein, vor allem am behaupteten gesetzmäßigen Verlauf der Geschichte. Die Gedanken der Hegeischen Dialektik sind für mich allerdings bis heute nicht von der Hand zu weisen.
Dass die marxistische Philosophie in der DDR dazu herhalten musste, Parteipolitik zu unterfüttern, spricht nicht unbedingt gegen die Philosophie sondern nur gegen die Ideologisierung derselben. Daher machte ich mich schließlich auf die Suche nach einer ideologiefreien, vernünftigen naturalistischen Weltanschauung. Dawkins und Schmidt-Salomon haben mich auf diesem Wege besonders überzeugt.
- Elitär
Nun, da ich selbst, der ich mich mit meinem durchschnittlichen Intellekt keineswegs zu einer irgendwie gearteten geistigen Elite zähle, zu einer glaubensfreien Ethik gefunden habe, stimmt mich das optimistisch, dass es gelingen kann, breite Bevölkerungsschichten zu erreichen, ja, dass es gelingen muss! Allerdings ist das weder per Mission noch per Dekret möglich - hier sind Sisyphosse gefragt. Wir müssen uns mit unserem Angebot in die Wertediskussion einbringen, vor allem an Schulen, in Lehrerkollegien, an Ausbildungsstätten, Hochschulen usw.
- Religiöse Zwänge
An heißen Sommertagen auf Reisen zieht es mich zuweilen in eine möglichst alte, möglichst große Kirche - weil es da drin so angenehm kühl ist. Ich hab mich sogar schon dabei ertappt, wie ich da eine Kerze anzündete. Hängt das etwa mit der Pascalschen Wette zusammen? Ich glaub schon, dass es sinnvoll ist, solche Zwänge abzulegen, womöglich rechnen die Priester inzwischen jeden Besucher zu den ihren.
- Konkrete Eigenerfahrungen mit Religiosität
Mein Elternhaus war gelinde protestantisch, so dass ich in den zweifelhaften Genuss von Christenlehre (so hieß der freiwillige Religionsunterricht, den die evangelisch-lutherische Kirche in der DDR anbot) und Konfirmation kam. Meine Hinwendung zur materia listisch -atheistischen Weltanschauung mochte auch einem gewissen Protest gegen diese mir damals schon recht infantil erscheinende christliche Weltsicht geschuldet sein.
Die natürliche und kulturelle Vielfalt um mich herum lässt für mich keine irgendwie gearteten Wünsche nach Glauben oder Esoterik offen.
- Glaubensfreie Alternativen
Eher nicht - aber wer weiß das schon immer ganz genau? Natürlich feiere ich auch Ostern und Weihnachten, immerhin sind diese Feste viel älter als die ihnen übergestülpten christlichen Rituale, wahrscheinlich in uns schon kulturell-evolutionär verankert. Allerdings hör ich gern Händeis "Messias" und Bachs "Weihnachtsoratorium". Das könnte durchaus inkonsequent sein - aber sei's drum.
- Freiheit, eigene Wünsche und Gedanken zu leben
Ich bin derzeit als Vorruheständler tatsächlich in der komfortablen Situation, meinen persönlichen Wünschen und Gedanken freien Raum zu geben. Ich fühle und genieße das durchaus - ein Glücksgefühl, das für meine Begriffe durch einen Glauben, egal welcher Art, nur eingeengt werden könnte. Mit der Balance zwischen Lust und Pflicht ist das so eine Sache: Vordem ließ mir die Pflicht nur wenig Raum zur Lust. Derzeit bin ich auf der Suche nach ein wenig mehr Pflicht. Besonders glücklich preist sich wahrscheinlich der Mensch, dem es gelingt, einen Beruf auszuüben, dessen Pflichten ihm eine Lust sind.
- Zusammenhang zwischen Humanismus und Aufklärung
Aufklärung ist die Voraussetzung für wirklichen Humanismus (Das ist nicht nur eine historisch belegte Tatsache; auch wie sich Religioten aller Couleur tagtäglich gebärden, beweist dies zur Genüge.), und wir sind dafür verantwortlich, das zarte Pflänzchen zu schützen, zu pflegen und zu düngen. Nur Dummheit und blinder Hass wuchern von ganz alleine.
- Praktischer Humanismus
Ich versuch's mit Texten in meinem Blog und einem bescheidenen Büchlein, und natürlich in Gesprächen mit Verwandten und Freunden.
- Selbstbestimmtes Leben und selbstbestimmtes Sterben
Zum selbstbestimmten Leben gehört das Recht auf selbstbestimmtes Sterben in Würde.
- Was schadet der Gesellschaft aktuell am meisten
Die Einflussnahme von selbsternannten Moralaposteln, die meinen, aufgrund ihres Glaubens die Wahrheit gepachtet zu haben und die alles beherrschende Ideologie des Wachstums um jeden Preis.
- Stille bzw. unbekannte Humanisten
Viel zu unbekannt sind für meine Begriffe Michael Schmidt-Salomon und Uwe Lehnert.
- Humanismus und Spiritualität
Wer einen solchen Ort benötigt, wird ihn finden.
- Zukunft und Wünsche
So wie die Gegenwart weltweit aussieht, ist die Zukunft der Menschheit wohl enger mit der Zukunft des Humanismus verknüpft als die meisten das wahrscheinlich wahrhaben wollen. Ich wünschte mir insgesamt mehr Realitätssinn und Offenheit für Vernunft bei unseren Zeitgenossen.