Prof. Dr. Hubertus Mynarek

Hubertus Mynarek                             Fotografie©evelinFrerk.

Prof. Dr. Hubertus Mynarek:  Philosoph, Fundamental-Theologe.
2024-09 Nachruf 
 

2024-09  Nachruf auf Hubertus Mynarek

von Suder Martin 

Hubertus Mynarek war ein aufrechter, oft sehr unbequemer Kämpfer für das
Gute, Wahre und das Schöne.

Er kritisierte zum Beispiel die Gioordano Bruno Stiftung hart mit seinem Buch "Vom wahren Geist der Humanität."
Während der Coronazeit stand er im Lager der Kritiker der Coronapolitik, denn in seinen Augen war Corona ein vorgetäuschter Notstand, bei dem es um alles Mögliche ging, aber nicht um das Wohl des Volkes.
 
Ich lernte ihn 2000 in Hamburg bei einer Veranstaltung über 2000 Jahre blutige Geschichte des Christentums kennen.
Als er 2007 bei Evelin und Carsten Frerk in Hamburg zu Besuch war, machte ich eine erste Sendung mit ihm über sein Papst Ratzinger vernichtendes Buch "Papstentzauberung" bei Tide-Radio Hamburg.
2012 besuchte ich ihn in seinem Haus in Odernheim bei Mainz.
Es fogten dann noch etwa 8 Radiosendungen mit ihm, ab 1016 in der neuen Sendereihe
"Die fröhlichen Gottlosen."
Das letzte Mal sah ich ihn auf dem Humanistentag 2013 in Hamburg.
 
Lieber Hubertus, Du warst sehr wichtig für mich,
ich werde Dich nicht vergessen.
Sunder Martin.
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 von Erich Satter

Religion - transzendierender Vitalimpuls?

Zum Tode eines freireligiösen Humanisten, des streitbaren Ideologiekritikers Hubertus Mynarek

Am 7. September 2024 ist einer der wohl bedeutendsten Religionsphilosophen und Kirchenkritiker der Gegenwart, Hubertus Mynarek, im Alter von 95 Jahren von uns gegangen. Seine gehaltvollen Streitgespräche werden uns fehlen. Vermissen werden wir aber auch seine wissenschaftlichen Ratschläge und tiefschürfende Anregungen bis hin zu den zahlreichen Veröffentlichungen, mit denen er den gesamten freigeistigen Raum positiv befruchtete.

Hubertus Mynarek ist in ein katholisches Elternhaus in Oberschlesien hinein geboren worden und geriet 1945 in polnische Gefangenschaft. Hier entschloss er sich Priester zu werden. Er studierte Theologie, Philosophie sowie Psychologie und wurde 1953 zum Priester geweiht. 1958 zog er in die BRD und wirkte von 1965 bis 1968 als Dozent und ab 1966 als außerordentlicher Professor für Fundamentaltheologie und Religionswissenschaft an der Universität Bamberg. 1968 wurde er als ordentlicher Professor an die Universität Wien berufen, wo er bis 1972 lehrte, ab 1971 als Dekan. Er war verheiratet und hat drei Kinder.

Der freireligiöse Humanist erwachte in ihm, als er erkannte, dass er sein humanistisches Grundverständnis in der katholischen Kirche nicht verwirklichen konnte. Als seine Forderungen nach Aufhebung des Zölibats und Demokratisierung der Kirche nicht die nötige Beachtung fanden, trat er mit einem offenen Brief an den Papst aus der Kirche aus und heiratete. Das gab einen Riesenwirbel mit heftigen, auch persönlichen Angriffen, besonders aus dem Kollegenkreis. Aber Mynarek mag keine halben Sachen und verabschiedete sich vom Herrschaftschristentum gänzlich. Kardinal König entzog ihm daraufhin die kirchliche Lehrerlaubnis, und vom österreichischen Staat wurde er zwangspensioniert. Er war damit der erste Universitätsprofessor der deutschsprachigen Theologie im 20. Jahrhundert, der aus der katholischen Kirche austrat.

Seit dieser Zeit, die nicht einfach für ihn war, verdiente er seinen Lebensunterhalt, mehr schlecht als recht, als freier Schriftsteller. Daneben brachte er sich in den freigeistigen Raum ein und eine umfangreiche Vortrags- und Lehrtätigkeit begann. So erarbeitete er im Auftrag der Deutschen Unitarier eine Art Grundwerteschrift unter dem Titel „Orientierung im Dasein“. Außerdem schrieb er für freigeistige Zeitschriften wie „diesseits“, „Aufklärung und Kritik“, „Wege ohne Dogma“ usw. Ein Großteil seiner Bücher wurden im „Angelika Lenz Verlag“ verlegt, an dessen „Lexikon freien Denkens“ er auch aktiv mitwirkte. Außerdem war er vorübergehend Mitglied der Partei „Die Grünen“ und kandidierte später für „Die Linke“. Davor war er kurze Zeit Gemeindesprecher der „Freireligiösen Gemeinde Wiesbaden“, aber sonst nicht fester in die Freireligiöse Bewegung eingebunden. Gleichwohl befruchteten seine wissenschaftlichen Arbeiten und seine Schriften das Anliegen der freien Religion dermaßen, dass man ihn, neben Johannes Ronge und Wilhelm Bonneß, getrost zu den Kündern freier Religion zählen könnte. Für alle Fälle wäre die freigeistige Bewegung ohne die Werke und den Einfluss von Hubertus Mynarek um einiges ärmer, was besonders sein Wirken in der Freien Akademie betrifft.

So verdanken wir ihm die Einsicht, dass der Mittelpunkt von Religion nicht Gott, sondern das Sein ist und seine postmoderne Definition des Religionsbegriffes überzeugt. Sie lautet: Religion ist der umfassende, ganzheitliche, grenzüberschreitende, (transzendierende) Vitalimpuls des Menschen, der sich auf eine erfahrene, erlebte oder nur gedachte und gemeinte oder sogar gerade als solche negierte letzte Grundwirklichkeit richtet.

Bei dem freigeistigen Paradigma frei in oder frei von Religion, bekennt er sich damit eindeutig zu frei in der Religion und stellt dieser Theorie den „Transzendenzlosen Nomaden“ gegenüber.

Schließlich führt er die Ethikdiskussion aus einer Sackgasse, wenn er in ethische und intellektuelle Toleranz unterscheidet. Danach hat die intellektuelle Toleranz durchaus Grenzen, die ethische dagegen keinesfalls. 

Er war bekanntermaßen keinesfalls der erste Theologe, der aus der Kirche austrat, aber er gehört zu den wenigen, die Rückgrat bewiesen und sich nicht aus Rücksicht auf Pensionen und ähnliches Salär verbiegen ließen. So ist sein Buch „Herren und Knechte der Kirche“ zwar der Knaller bei der ganzen „Affäre Mynarek“, aber keinesfalls Mynareks wichtigstes Werk. Es wurde zunächst verboten und ist deshalb zu einem Bestseller geworden, wie auch „Eros und Klerus“. Nun war Mynarek war zwar religionskritisch, aber keinesfalls religionsfeindlich. So ist der wissenschaftliche Gehalt der über 40 Bücher, die er verfasste, für die Religionswissenschaft und die Philosophie weit bedeutsamer, als „Die Herren und Knechte…“ Der Bogen spannt sich von seinem ersten Werk „Der Mensch – Sinnziel der Weltentwicklung“, was er noch als katholischer Priester verfasste und das 1967 erschien, bis zu seinem letzten Werk „Licht- und Schattenseiten prominenter Zeitgenossen“, was in seinem Todesjahr 2024 erschienen ist.

Unter einer Vielzahl von Titeln, wie „Der kritische Mensch und die Sinnfrage“, „Religion – Möglichkeit oder Grenzen der Freiheit?“, „Zwischen Gott und Genossen“ über „Luther ohne Mythos“, sowie „Die neuen Atheisten“ und „Vom wahren Geist der Humanität“, fällt das Buch „Moderne Denker der Transzendenz“ vielleicht etwas aus dem Rahmen und überrascht durch ontologischen Scharfsinn. Interpretiert man nämlich Transzendenz nicht theologisch, sondern philosophisch, so muss sie nicht notwendig eine Überschreitung des Bewusstseins ins Übersinnliche oder gar Außerweltliche bedeuten, sondern kann auch, im frei-religiösen Sinne, eine qualitative Steigerung der emotionalen Erlebnisfähigkeit vielfältiger Art bedeuten, wie im Empfinden von Musik, Freundschaft, echter Liebe, dem Genuss eines trockenen Rieslings, Empathie zu einem Gemälde oder Kunst allgemein – bis hin zur Fähigkeit eines Mitleidens. Mit der drastischen Feststellung, es gibt einen käuflichen Genuss, aber keine käufliche Liebe, verweist Mynarek auf eine dynamische Transzendenz über Sex und Erotik hin zur echten Liebe. Danach kann sinngemäß die Physik der sexuell-erotischen Anziehung in die Metaphysik der Liebe übergehen. Richard Wagner, der als Musiker nicht allein auf die spärlichen Begriffe unserer Sprache angewiesen ist, gelingt dies authentischer in seiner Oper „Tristan und Isolde“: „Sink´ hernieder Nacht der Liebe, gib vergessen, dass ich lebe, nimm mich auf in deinen Schoß, löse von der Welt mich los“. Weniger romantisch, ohne Transzendenz, wäre Liebe nur eine hormonbedingte gegenseitige Flüssigkeitsabsonderung. Transzendenz ist damit nicht irgendeine geheimnisvolle außerweltliche Entität, sondern ereignet sich in der Welt und durch die Welt. Mynareks sensibler Zugang zur „psychologischen“ Grenzüberschreitung und einer säkularen Spiritualität ist kennzeichnend für den Geisteswissenschaftler. Schließlich ist die relativ kleine Schrift Das andere Christentum - über eine neue Vielfalt der Religiosität, noch zu erwähnen. Mynarek verfasste sie am Ende seiner langen Schaffensperiode, zusammen mit Anton Grabner-Haider und Erich Satter. 

 

Bei seiner herausragenden wissenschaftlichen Potenz war Hubertus Mynarek ein Wissenschaftler, von dem man über die „Schöpfung ohne Schöpfer“ viel lernen konnte und mit dem mich eine langjährige Freundschaft verband, ein nicht ganz einfacher, aber im Grunde liebenswerter Mensch. Er neigte gelegentlich zur Polemik, die zu ertragen sich jedoch lohnte. Wissenschaftlich kannte er keine Kompromisse. Die Frage nach Gott versuchte er postmodern zu beantworten: Man ist Atheist nicht deshalb, weil Gottes Nichtexistenz einwandfrei bewiesen worden ist (was gar nicht möglich ist). Man ist Theist nicht deshalb, weil Gottes Existenz einwandfrei bewiesen ist (was ebenfalls nicht möglich ist). Man ist Atheist oder Theist, weil die Entscheidung für das eine oder das andere nie allein von der Vernunft erzwungen ist, sondern stets auch vom Willen und Gefühl mit diktiert wird, vom Willen und Gefühl, welche möchten, Gott möge nicht existieren oder Gott möge existieren. Nicht jeder Atheist, nicht jeder Theist, muss diese seelische Analytik erkennen oder durchschauen, viele werden sogar glauben, ihre Entscheidung für Atheismus oder Theismus sei total rationaler Natur. Dem tieferen Blick aber kann nicht verborgen bleiben, dass es das „rein rationale Wesen Mensch“ gar nicht gibt, dass dieses eine realitätsfremde Abstraktion ist und bleiben wird.

Die „seelische Analytik“, führt bei Mynarek zu einem Urvertrauen und - durchaus widersprüchlich - zur Utopie eines wahrhaft humanen Wesens. Dazu abschließend sein schlichtes Credo: „Entscheidend im Allerletzten ist überhaupt nicht, woran man glaubt, ob man an Gott, wie immer man ihn auffasst, glaubt oder nicht. Ob man glaubt, dass er ist, oder glaubt, dass er nicht ist. Wichtig erscheint allein die entschiedene, im eigenen Leben hartnäckig durchgehaltene Option für das ethisch Gute, für soziale Gerechtigkeit und gütige Behandlung aller Menschen und aller Lebewesen ohne Ausnahme“.

                                                                                 Erich Satter, München/Graz

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2014-01-16:  Karl-Popper-Preis für sein Lebenswerk heute an Deutschen Philosophen und Fundamental-Theologen!
Der Preis wird vergeben vom   österreichischen Freidenkerbund heute  im Rahmen von  "Open Mind Summit"  in Wien an:
Prof. Dr. Hubertus Mynarek! - who-is-hu gratuliert!

Rückblick: 1953 Priester-Weihe,
Dekan Universität Wien (70-er Jahre);
1972 offenen Brief an Papst Paul VI.: Forderung der Aufhebung des Zölibates und Demokratisierung der katholischen Kirche, trat aus der Kirche aus und heiratete, Vater von drei Kindern.
 
2014-05/ MIZ 2000-02:
Zu immer wieder aufkommenden Fragen, ein Interview der MIZ-Redaktion mit dem Religionskritiker  Hubertus Mynarek, das aufgrund seiner Länge auf der Homepage von Michael Schmidt-Salomon zu leses ist:
 
2014-01: 
Hubertus Mynarek lebt mit seinem jüngsten Sohn Markus Mynarek in Deutschand, ist aktiv als Autor und Vortagender.
Prof. Dr. Hubertus Mynarek  - siehe wikipedia! 
Berlin, 2014-01-16 | 2014-05-26 | 2024-10- 16 eF.